Pilgern

Pilgern

Weg - Ziel - Gemeinschaft - Gott

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Weg - Ziel - Gemeinschaft - Gott

Wer war Matthias?

Nach der Himmelfahrt Christi, so die Erzählung der Apostelgeschichte, wählten die Apostel für Judas Iskariot einen Ersatzapostel in ihren Zwölferkreis. Die Wahl wurde durch das Los entschieden, das auf Matthias fiel und der damit zu den führenden Persönlichkeiten der frühen christlichen Gemeinde gehörte. Und doch wissen wir nicht viel über unseren Namenspatron. Was wir aber aus der Apostelgeschichte wissen, ist, was die Voraussetzungen waren, die die Kandidaten erfüllen sollten, um für die Wahl zum 12. Apostel in Frage zu kommen. Voraussetzung war, dass der Kandidat die ganze Zeit mit den übrigen Aposteln und Jesus zusammen gewesen sein sollte, von der Taufe durch Johannes bis zur Aufnahme Jesu in den Himmel. Matthias erfüllte diese Voraussetzung. Er war mit Jesus auf dem Weg gewesen, gängiges Fortbewegungsmittel waren die Füße. Er folgte seiner Überzeugung und seinem Glauben und verließ seine Heimat. Der Weg führte ihn dabei sicher auch in Gebiete, die ihm bis dato fremd und nur aus Erzählungen bekannt waren.


Das Wort Pilger leitet sich vom lateinischen Ausdruck "peregrinus" ab, was soviel bedeutet wie "in der Fremde".  Schaut man in ein Lexikon, wird als Pilger derjenige beschrieben, der sich aus religiösem Antrieb in die Fremde begibt.


Nach dieser Definition war Matthias wohl ein Pilger, wie wir. 


Nach der Erzählung soll Matthias um das Jahr 63 von Heiden  gesteinigt und dann mit einem Beil erschlagen worden sein. Bischof Agritius brachte zu Beginn des vierten Jahrhunderts die Reliquien des Apostels als ein Geschenk von Kaiserin Helena nach Trier.

Was bedeutet Pilgern für uns?

Was macht das Pilgern aus? Warum machen sich alljährlich junge und jung gebliebene Frauen und Männer erstmalig mit uns auf den Weg? Warum bleibt es bei so vielen nicht bei einer Wallfahrt?

  • Pilgern ist Gebet und Meditation

    Eine herausragende Bedeutung nimmt auf unserer Wallfahrt das Gebet und die Meditation ein. Über die Bedeutung des Betens schrieb Bruder Athanasius im Pilgerbrief Nr. 1 des Jahres 2017:


    Beten bedeutet in Kontakt sein mit Gott und mit dem, den er gesandt hat, mit Jesus.


     1. Beten ist sich Zeit nehmen.

    Man kann überall beten, aber wenn man richtig als ganzer Mensch mit Jesus in Kontakt kommen möchte, muss man innehalten. Die Tätigkeiten des Alltags abschalten. Eine Zeit aus dem Alltag herausschalten.


    2. Beten ist ganz Dasein.

    Hinschauen auf das eigene Leben – mit allem, was vorkommt. Die Gedanken zur Ruhe kommen lassen. Einfach da sein.


    3. Beten ist hören.

    Sich auf Jesus ausrichten. Einfach an Jesus denken. Hören wollen und schweigen. [Solange ich rede, kann ich nicht hören.]


    4. Beten ist sprechen.

    Zu Jesus sprechen in der Überzeugung, dass er hört. Danken oder bitten oder gerade das, was mir jetzt wichtig ist.


     5. Beten ist wissen.

    Beim Beten sehe ich mein Lebens anders: Es wird mir bewusst, was wichtig ist und was zweitrangig ist. Es wird mir immer deutlicher, worauf es im Leben ankommt. Wenn ich mit Jesus Kontakt habe, dann erhalte ich auch etwas von der Dynamik seines Evangeliums und die Kraft zu handeln.


    Auf unserer Wallfahrt wird das erste Gebet im morgendlichen Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Helena gesprochen, bevor es auf die Pilgerreise geht. Von der Kirche aus gehen wir unter feierlichem Glockengeläut in Gebetsordnung los (Kreuz voran, von den Brudermeisterinnen geführt,  Zweierreihen, Frauen vorne, Männer hinten). Der Rosenkranz ist das erste tägliche Gebet und begleitet uns durch die Dunkelheit und die Morgenden. Neben den regelmäßig gebetenen traditionellen Gebeten (u.a. 5 Wunden, Angelus-Gebet), bereichern vor allem die von Pilgerinnen und Pilgern vorbereiteten Meditationen unsere Wallfahrt. Sie geben uns Impulse, stoßen Gedanken an und bilden die Grundlage für Gespräche mit den Mitpilgern.

  • Pilgern ist Gesang und Musik

    Beim Pilgern wird gesungen und musiziert, in erster Linie natürlich religiöse Lieder. Aus dem Kreis der Pilgerinnen und Pilger bildet sich regelmäßig ein kleines Blasorchester, das den Gesang beim Morgengottesdienst sowie die Abendandacht musikalisch begleitet und  unterwegs auch schon einmal eine Überraschung für uns bereit hält. Daneben werden die Wallfahrten durch das Spiel von Orgeln, Querflöten, Gitarren und Bässen begleitet, die von Mitpilgerinnen und Mitpilgern gespielt werden.


    Ein jeder morgendlicher Aufbruch beginnt mit dem Lied „Alles meinem Gott zu Ehren“. Auch Matthias- und Marienlieder gehören selbstverständlich zum festen Programm unserer Wallfahrt.


    Emotionaler Abschluss einer jeden Ankunft in der Benediktinerabtei St. Matthias in Trier ist das feierliche Singen des Rheindahlener Matthiasliedes.

  • Pilgern ist Gemeinschaft

    Über dem Hauptportal der Matthias-Basilika in Trier ist eine Matthias Statue zu sehen, die eine aufgeschlagene Bibel hält. Darin steht geschrieben: 


    "Vos mei amici estis" - Ihr seid meine Freunde


    Diese Losung findet sich auch auf den Pilgermedaillen, die wir als Neupilgerinnen und Neupilger feierlich überreicht bekommen. Pilgern bedeutet für uns Gemeinschaft. Pilgern bedeutet für uns Freundschaft. Unter einander und mit Gott. Während der Wallfahrt und darüber hinaus.

Die Etappen

Schon immer ging der Hinweg von Rheindahlen nach Trier über vier Tage. Seit dem Jahr 2000 dauert der Rückweg viereinhalb Tage. Die vier Teilstrecken des Hinweges sind zwischen knapp 52 und 44 Kilometer lang. Auf dem Rückweg sind die beiden ersten Teilstrecken kürzer, während ab Neidenbach dieselbe Route wie auf dem Hinweg genommen wird. Insgesamt geht es ziemlich genau 200 Kilometer pro Strecke über Stock und Stein, durch Wiesen, Wälder und Auen und über Asphalt.

1. Tag: Rheindahlen - Stockheim

Mit dem Aussendungsgottesdienst um 3.00 Uhr beginnt unsere Wallfahrt. Nach einer kurzen Verabschiedung an unserem Matthiaskapellchen machen wir uns dann endgültig auf den Weg. Die erste Etappe weist eine Strecke von rund 52 Kilometern auf; gut zwölfeinhalb Stunden sind wir ohne Pausen unterwegs. Das entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 4 km/h, Pausen eingerechnet – ist also normales Wandertempo. Diese Etappe ist flach und damit ein sehr guter Einstieg in die drei folgenden, schweren Abschnitte. Stockheim, ein Ortsteil der Gemeinde Kreuzau (bei Düren), liegt am Rande der so genannten „Rureifel“ auf 141 Meter über NN. Die Etappe weist nur insgesamt 141 Höhenmeter Aufstieg und 35 Höhenmeter Abstieg auf.

2. Tag: Stockheim - Schmidtheim

Dieser Streckenabschnitt ist mit etwas über 49 Kilometer zwar ungefähr zweieinhalb Kilometer kürzer, dauert mit knapp 13 Stunden aber etwas länger als die erste Etappe. Auf diesem Abschnitt der Pilgerwallfahrt sind 586 Höhenmeter Aufstieg und 217 Höhenmeter Abstieg zu bewältigen. Schmidtheim ist ein hochgelegenes Dorf in der Nordeifel, im Übergangsbereich zur Südeifel. Es ist der zweitgrößte Ort der Gemeinde Dahlem, der (bis vor kurzem) kleinsten und südlichsten Gemeinde des Kreises Euskirchen, die direkt an Rheinland-Pfalz angrenzt.

3. Tag: Schmidtheim – Neidenbach

Auch das Streckenprofil dieser Etappe hat es in sich: Dieser Abschnitt verläuft zum allergrößten Teil in der Südeifel, die ein paar Kilometer hinter Schmidtheim, ab der Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz, beginnt. Die 44 Kilometer Gesamtlänge, mit 437 Meter Aufstieg und 514 Meter Abstieg, verlangen Kraft und Ausdauer. Dennoch schaffen wir den Abschnitt in weniger als elfeinhalb Stunden.

4. Tag: Neidenbach – Trier

Der letzte Abschnitt der Wallfahrt ist mit 58,4 Kilometern der längste. Aber es ist nicht ganz so schlimm wie es scheint: Auf dem Hinweg wird von Hüttingen nach Kordel ca. 22 Kilometer die Bahn genommen. Hintergrund ist, dass uns der ursprüngliche Pilgerweg über die sogenannte "Bitburger Chaussee" führte. Dieser Streckenabschnitt am Rande einer viel befahrenen Landstraße, stellte mehr und mehr eine Gefahr für die Pilger dar, sodass man entschied, eine veränderte Route zu nehmen, die dann aber die Inanspruchnahme der Bahn erforderte. Gegen 17 Uhr erreichen wir dann erschöpft und überwältigt von den Erlebnissen der vergangenen Tage unser Ziel, die Abtei St. Matthias in Trier.

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